05.08.25
Max Mauracher
Die Kraft des Design-Mindsets: Warum es den Wandel zu echter Nachhaltigkeit beschleunigt

Unternehmen und Organisationen stehen vor derselben Aufgabe: Wie skaliert man den Übergang zu nachhaltigeren Praktiken – und nimmt gleichzeitig mehr Menschen mit? Technologie allein löst das nicht. Regeln auch nicht. Was den Unterschied macht, ist ein Design-Mindset: ein Ansatz, der Kreativität ernst nimmt, Routinen infrage stellt und bewusst gegen die Trägheit des Business-as-usual arbeitet.

KREATIVITÄT: DER UNTERSCHÄTZTE MOTOR DES WANDELS

Kreativität ist der Kern jedes Fortschritts – und trotzdem im Nachhaltigkeitskontext massiv unterbewertet. Viele Unternehmen behandeln Nachhaltigkeit als Pflichtübung: Haken setzen, Risiken minimieren, Standards erfüllen. Doch echtes Umdenken entsteht nicht durch Optimierung bestehender Strukturen, sondern durch das Neuverhandeln dessen, was möglich ist.

Ein Design-Mindset ist grundlegend kreativ. Es hinterfragt Systeme, bricht mit alten Mustern und entwickelt radikal neue Optionen. Die zentrale Frage lautet: Was wäre, wenn wir es komplett anders machen? Diese Frage ist entscheidend, weil lineare, extraktive Modelle nicht nur ökologisch gescheitert sind – sie sind auch kreativ erschöpft. Nachhaltigkeit braucht mutige Vorstellungskraft.

Beim Produktdesign zeigt sich das unmittelbar. Statt auf Effizienz und Massenproduktion zu fokussieren, verschiebt ein kreativer Ansatz den Fokus auf Langlebigkeit, Reparierbarkeit und Aufrüstbarkeit. So entsteht weniger Abfall und mehr Zirkularität: Produkte bleiben länger im Umlauf, Materialien wandern nicht in die Tonne, sondern in den nächsten Nutzungskreislauf.

FÜR MENSCH UND PLANET DESIGNEN

Ein Design-Mindset stellt Menschen ins Zentrum des Wandels. Nachhaltigkeit endet nicht beim Produkt – sie betrifft Systeme, Services und Erlebnisse. Wenn Menschen sich mit dem Wandel identifizieren können, steigen Beteiligung und Akzeptanz.

Städte sind ein gutes Beispiel. Viele Maßnahmen zielen auf Emissionssenkung oder Grünflächen ab. Mit einem Design-Mindset geht es weiter: Städte werden so gestaltet, dass sie soziale Begegnung fördern, Mobilität erleichtern, Wohnraum erschwinglicher machen und Lebensqualität steigern. So wird Nachhaltigkeit erfahrbar – nicht als Verzicht, sondern als Verbesserung des Alltags.

Wenn Veränderungen als Gewinn erlebt werden, statt als moralischer Imperativ, erreicht man mehr Menschen. Und genau das ist entscheidend für Skalierung: CO₂-Reduktion wird erst dann relevant, wenn sie sich als konkreter Vorteil im eigenen Leben zeigt.

AUSBRUCH AUS DEM STANDARD: KREATIVITÄT ALS STRATEGIE

Kreativität als strategische Stärke zu begreifen, ist kein Nice-to-Have. Es ist Voraussetzung, um in der nachhaltigen Wirtschaft eine führende Rolle einzunehmen. Komplexe Probleme brauchen unkonventionelle Antworten. Kreativität öffnet genau diese Wege – und schafft zugleich neue Geschäftsmodelle.

Die Sharing Economy ist ein Beispiel: Ride-Sharing, Mietplattformen, Leihmodelle. Diese Ideen sind nicht durch Optimierung alter Strukturen entstanden. Sie sind aus der Frage hervorgegangen, wie Ressourcen gerechter, effizienter und nutzerfreundlicher organisiert werden können.

KREATIVITÄT BRAUCHT KULTUR – UND FREIRÄUME

Damit Kreativität wirksam wird, braucht es eine Kultur, die Experimentieren erlaubt, Fehlversuche als Lernkurve betrachtet und unterschiedliche Perspektiven zulässt. Führung muss diesen Raum schaffen – und selbst bereit sein, vertraute Wege zu verlassen.

Gleichzeitig braucht es Kompetenzen: Menschen müssen Werkzeuge kennen, die ein kreatives Arbeiten an Nachhaltigkeitsfragen ermöglichen. Designmethoden, interdisziplinäre Zusammenarbeit oder Kooperationen mit Designer:innen und Künstler:innen können neue Impulse setzen.

Kreativität entsteht dort, wo Freiräume bestehen: Raum zum Erkunden, Iterieren, Experimentieren. Unternehmen müssen diesen Raum aktiv finanzieren – auch wenn Ergebnisse nicht sofort sichtbar sind. Die großen, vielversprechenden Innovationen entstehen selten im sicheren Terrain.

Kreativität ist kein Zusatz. Sie ist Voraussetzung für eine nachhaltige Zukunft. Ein Design-Mindset hilft Unternehmen, lineare Routinen aufzubrechen, nachhaltige Praktiken zu skalieren und mehr Menschen mitzunehmen. Jetzt ist der Moment, Kreativität als strategischen Hebel ernst zu nehmen – denn die mutigsten Lösungen entstehen, wenn wir anders denken.