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MAXIMILIAN MAURACHER
24.03.2021
Etwa 1500 werblichen Impulsen sind wir alle täglich ausgesetzt – Tendenz steigend. Vor allem dank Social Media und der explodierenden Anzahl an Ads bei Instagram, LinkedIn & Co. Wir sind damit aufgewachsen, alles jederzeit haben zu können, und konsumieren auch gerne mal nur, um unsere Stimmung zu heben. Werbung und Medien zeigen uns Welten, in denen wir uns zu glücklicheren, besseren, stärkeren oder schöneren Menschen kaufen können. Aber ist das auch die Zukunft?
Werbung verfolgt ein simples Ziel: Absatzsteigerung. Damit Unternehmen jährlich wachsen können, braucht es nur selten ein neues oder besseres Produkt. Stattdessen bringen neue Zielgruppen, neue Märkte, neue Kanäle und neue Kommunikation den gewünschten Effekt. Und schaffen damit das Begehren erst. Doch in einer Gesellschaft und Welt, in der wir endloses Wachstum – und auch green growth – hinterfragen müssen, weil es die planetaren Grenzen schlichtweg nicht zulassen, müssen wir auch jene Branchen hinterfragen, die diese Grenzen missachten oder sogar fahrlässig überschreiten.
Schafft Werbung tatsächlich Wert für uns als Gesellschaft? Selbst Werbung für nachhaltige Produkte treibt Konsum, Ressourcenverbrauch und Emissionsausstoß an und scheint auf Dauer nicht zukunftsfähig zu sein.
Die Klimakrise gibt die Richtung vor in der Übergangsphase von old zu new economy. Ein radikaler Gegenentwurf wäre: Straßen, Bushaltestellen und Zeitungen ohne Werbung zu erleben, ohne die permanente Konfrontation mit Werbebotschaften – und damit eine Rückbesinnung auf einen Lebensstil, in dem wir tatsächlich nur kaufen, was wir brauchen. In der New Economy sollen Bedürfnisse erfüllt werden, weil sie bestehen, und nicht erst geweckt werden müssen. In der aktuellen Wirtschaftsordnung wohl unvorstellbar, aber weitaus weniger problematisch als man denken könnte: Sich von endlosem Wachstum zu verabschieden, muss nicht heißen, die Wirtschaft in eine Art Dauertiefschlaf zu versetzen – sondern nur, dass wir nächstes Jahr nicht mehr produzieren und konsumieren können – und vor allem nicht müssen – als dieses Jahr.
Nach einigen Jahren Arbeitserfahrung als Kreativer in der Werbebranche – und regem Kommen und Gehen um mich herum – höre ich immer öfter von Aussteiger*innen, die kein Interesse mehr daran haben, Ideen zu generieren, um kopflosen Konsum anzukurbeln. Denn nach bestem Wissen und Gewissen müssen wir Werber*innen uns fragen: Auf welcher Seite der Krise stehen wir eigentlich? Gehen wir freitags mit unseren Kindern bei FFF auf die Straße, um dann montags im Morgenmeeting an einer neuen Klimakiller-Kampagne zu arbeiten? Wir wollen uns mit unserer Arbeit identifizieren, suchen Purpose und Impact – aber geben Gewissen und Verantwortung an der Tür ab?
Während wir uns über die destruktiven Folgen von Öl und Kohle einig sind, ist die Werbebranche wohl mehr Mittelsmann und die zerstörerischen Folgen der Branche indirekt. Aber doch messbar: Ein britischer Think Tank schätzt, dass jedem Pfund, den ein Werber generiert, Zerstörung im Wert von sieben Pfund gegenübersteht – zum Beispiel in Form von Überkonsum, Verschmutzung und Schulden. Systemrelevanz? Fehlanzeige. Und die Botschaften, für die wir verantwortlich sind, könnten ambivalenter nicht sein: “Rad und Öffis statt Auto” hier, “Wochenend-Flug nach Mallorca” da. Werbung ist Brandbeschleuniger, wenn unser Zuhause längst in Flammen steht.
Warum also nicht dort ansetzen, wo Konsum entsteht: In unseren Köpfen. Während die radikale Forderung, bestimmte Produkte aufgrund deren Umweltschädlichkeit und Anteil an der Klimakrise zu verbieten, kaum realistisch durchzusetzen ist, scheint ein Werbeverbot, zumindest für bestimmte, besonders klimaschädliche Produkte, schon salonfähiger. Bei Tabakprodukten und Alkohol ist das aus gesundheitlichen und Jugendschutzgründen längst Realität – aber wer schützt die Gesellschaft vor klimaschädlichen Kaufentscheidungen?
Bevor eine Debatte um mündige Bürger*innen, Kontrolle des Staates und die unsichtbare Hand des Marktes losbricht, gleich vorweg: Wer spießt sich tatsächlich daran, weniger Werbung zu sehen? Stört es wirklich jemanden, keine Werbung mehr von Öl- und Gaskonzernen, Fluglinien oder Billigfleisch zu sehen? Fühlen wir uns durch ein Werbeverbot etwa schon in unserem freien Willen eingeschränkt? Zeigt die Angst vor dem Entzug dann nicht umso mehr unsere Abhängigkeit von Werbung und Konsum? Und seien wir ehrlich, höchstwahrscheinlich werden Werbeflächen ohnehin nur andere, klimafreundlichere Werbebotschaften transportieren und nicht völlig verschwinden.
Wo der Einzelne Entscheidungen trifft und ein Verhalten an den Tag legt, dass der Gesellschaft als Ganzes schadet, muss der Staat eingreifen. Dieser Groschen ist bei Passivrauchen längst gefallen – aber dass auch Klimakiller unser aller Gesundheit und Zukunft aufs Spiel setzen, scheint außer in Amsterdam und Frankreich, wo ähnliche Forderungen nach einem Werbeverbot laut werden, Neuland zu sein. Mal ganz abgesehen davon: Die Unmengen an Budgets für Werbung und Marketing, mit eben jenem endlosem Wachstum vor Augen, könnten stattdessen in echte (Produkt-)Innovationen investiert werden.
Wer sich jetzt schon auf der Straße stehen sieht: Kreative und smarte Ideen sind auch in anderen Branchen gefragt und auf Kommunikation muss nicht immer Konsum folgen. Ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung: Werbetrommel-Stop für Klimakiller. Dafür gibt läuft jetzt eine Petition. Denn die Jugendlichen bei Fridays for Future-Demos sind sich einig: Another World is Possible. Und dafür rühren wir doch gerne die Werbetrommel, oder nicht?
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