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JULIANE STAUCH
16.07.2023
Unsere Neuköllner Straßen: Hier passiert ganz schön viel. Autos, Fahrräder, Busse, Kinderwägen, E-Roller – und vor allem eines: Müll. Sperrmüll, Hausmüll, Industriemüll, alles mit dabei. Einige geben mehr Acht darauf, andere weniger. Doch eines steht fest: Viele finden’s irgendwie hässlich.
Obwohl Neukölln nicht mehr an der Spitze der Bezirke mit dem meisten (Sperr-)Müll ist, erhält man schnell den Eindruck, dass das sogenannte „Müllproblem“ hier sehr präsent ist. Und wo ein Problem ist, da wird auch meistens nach dem oder der Verursacher:in gefragt. Das ist auch okay; wir tendieren dazu, Schuld zuzuweisen, um die eigene Unzufriedenheit zu mildern. In den – sowohl privaten als auch öffentlichen– Debatten und Unterhaltungen, die bei der Ursachensuche des Themas so entstehen, werden oft zufällig/wahllos Personengruppen als Sündenböcke herausgepickt.
Diese Dynamiken sind in vielen Fällen nicht nur unter einer Diskriminierungs-Brille höchst problematisch, sondern lenken schlicht und einfach auch, wie bei vielen politisierten Themen, von der eigentlichen Problematik ab. Ja, es ist wichtig, Ursachenforschung zu betreiben. Es ist auch gut und richtig, seine Meinung zum Thema zu äußern, damit das Thema Müll mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht. Was aber falsch ist und verheerende Folgen mit sich bringt, ist die Reduzierung der Ursache auf Alter, Herkunft, Jobsituation oder Status der beschuldigten Personengruppen.
Auch hier gilt eben vor allem nicht: Andere Länder, andere Sitten! Das Thema „Müll auf den Straßen Neuköllns“ ist kein eigenes Problem, sondern die Folgewirkung eines viel größeren, vielschichtigeren Missstands. Hinter der Vermüllung verbergen sich diverse, vielzählige, komplexe Ursachen – die nicht einfach einer Personen- oder Bevölkerungsgruppe zugeordnet werden können. Solche Ursachen können zB. eine unzureichende öffentliche Infrastruktur für Müllentsorgung sein, noch zu schwache Gesetze – wie z.B. die Mehrwegangebotspflicht – oder auch die bisher fehlgeschlagene allgemeine Sensibilisierung der Bevölkerung für das Thema.
Dieses Finger-Zeig-Verhalten lässt sich auch wieder gut bei anderen klimarelevanten Themen erkennen. Nicht nur auf lokaler, sondern auch auf nationaler und internationaler Ebene entstehen diese Dynamiken und es wird sich gegenseitig ausgeschlachtet und somit kostbare Zeit vergeudet. Wer oder welches Land ist verantwortlich für den Klimawandel, wer oder welches Land macht zu wenig für die Eindämmung dessen? Diese Fragen liegen auch auf Tischen internationaler Konferenzen und bieten genügend Schießpulver, um von den eigenen Verpflichtungen abzulenken.
Daher plädieren wir für eine Regel, die man schon in der Grundschule gelernt hat: Statt die Schuld bei den anderen zu suchen, sollten die Personen, die sich bereits verbal das Thema angeeignet haben, selbst ins Machen kommen. Klappe zu, (Müll)Zange in die Hand und ab auf die Straßen! – denn mit der Neuköllner Initiative Schön wie wir freuen wir uns stets über Berliner:innen, die gemeinsam mit uns mit anpacken und unseren Bezirk schöner machen.
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